Wo bleibt der Mindestlohn für Menschen in Behindertenwerkstätten?

Liebe Inklusoren*innen,

„Werkstätten sind oftmals das Gegenteil von Inklusion”, meint zumindest unser heutiges Filmbeispiel André Thiel, der als Beschäftigter in einer Werkstätte für Menschen mit Behinderung nur 1,20 Euro pro Stunde verdient, bei rund sechseinhalb Stunden Arbeit am Tag. Am Ende des Monats kommen dann zwischen 100 bis 250 Euro dabei raus. Nun kämpfen Thiel und viele andere gegen die durchaus üblichen Niedriglöhne an. Am Beispiel von Lukas Krämer, wollen wir zeigen, wo genau das Problem liegt. Lukas hatte eine Hirnhautentzündung als er vier Jahre alt war. Seitdem hat er einen Sprachfehler und eine Lernschwäche, am Telefon versteht man trotzdem sehr gut, was er zu sagen hat. Er erzählt, dass er nach der Förderschule für insgesamt fünf Jahre in einer Werkstatt für behinderte Menschen gearbeitet hat. „Dann habe ich irgendwann sechs Wochen blau gemacht“, erzählt er. Damit verfiel sein Anspruch auf den Werkstattplatz. Traurig ist er darüber nicht. „So wie das System jetzt ist, brauchen die Menschen in Werkstätten quasi nicht zu arbeiten, weil man von dem Gehalt nicht mal leben kann“, sagt der 27-Jährige heute. In einer Petition (https://www.change.org/p/olafscholz-stelltunsein-ich-fordere-den-mindestlohn-f%C3%BCr-menschen-in-behindertenwerkst%C3%A4tten) wendet er sich jetzt an Finanzminister Olaf Scholz und fordert den Mindestlohn für die Beschäftigten in den Werkstätten, also 9,50 Euro. Fast 110.000 Menschen haben die Petition bislang unterzeichnet. Auch auf Social Media solidarisieren sich viele Nutzer*innen mit den Werkstattbeschäftigten und fordern gerechtere Arbeitsbedingungen.

In Deutschland gibt es etwa 2.900 Werkstätten, in denen rund 320.000 Menschen mit Behinderung arbeiten. Die meisten Werkstätten sind unter dem Dachverband der Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen (BAG WfbM) organisiert. Jeder Mensch, der wegen einer Behinderung nicht auf dem regulären Arbeitsmarkt tätig sein kann, hat Anspruch auf einen Platz in so einer Werkstatt. Die Werkstätten erfüllen dabei zwei Aufträge: Einerseits sollen sie Menschen mit Behinderung ermöglichen, zu arbeiten und Fähigkeiten zu lernen. Andererseits sollen sie durch Betreuungs- und Bildungsangebote, wie zum Beispiel Fußballkurse oder Musikunterricht, auch außerhalb ihrer Arbeit unterstützt und gefördert werden. Das ist aber auch das Problem, denn die Werkstätten zählen nicht zum regulären Arbeitsmarkt: Sie sind Teil des sogenannten zweiten Arbeitsmarkts und unterliegen damit anderen Bestimmungen. Und genau das kritisiert Lukas Krämer mit seiner Petition. Er will nicht nur, dass auch für Menschen in den Werkstätten der Mindestlohn gilt. Er fordert auch, dass diese Menschen als reguläre Arbeitnehmer*innen gelten – und damit auch mehr Rechte hätten, zum Beispiel, sich gewerkschaftlich zu organisieren und zu streiken. Das klingt doch völlig nachvollziehbar oder was denkt ihr?

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©Goldi

P.S.: Vielen, lieben Dank an das Mittagsmagazin https://www.youtube.com/user/ARDMittagsmagazin für das Video.