Liebe Inklusoren*innen,
erst vor kurzem gepostet, aber weil es Recht kontroverse Kommentare zu diesem Thema gab, heute eine erweiterte Diskussion. Im Film einige Statements der Athletin Laurel Hubbard persönlich. Denn Laurel Hubbard nimmt als erste offen erklärte Transathletin an Olympischen Spielen teil. Während die einen darin ein willkommenes Zeichen für mehr Diversität sehen, fürchten andere das Ende des fairen Wettbewerbs.
Siehe auch hier: http://www.inklusions-tv.de/erste-transgender-athletin-goes-olympia/
Die Wissenschaft hat bisher keine eindeutige Antwort gefunden. Die internationale Federation der Sportmedizin, ein Zusammenschluss nationaler Sportmedizin-Verbände mit Sitz in Lausanne, beklagte kürzlich einen „eklatanten Mangel an wissenschaftlichen Daten“. Dieser macht es im Moment praktisch unmöglich, die Frage abschließend zu beantworten, ob Transgender-Athletinnen im Wettkampf mit Frauen einen Vorteil haben. Es gibt jedoch einzelne Studien, die zu dem Ergebnis kommen, dass Kraftvorteile der Transgender auch nach drei Jahren Hormontherapie anhalten und messbar sind. Andere Studien besagen, dass der Vorteil in der Leistungsfähigkeit der Transfrauen nach einem Jahr Hormontherapie messbar ist, nach zwei Jahren aber deutlich abnimmt. Davon ganz abgesehen hat die ständige Hormoneinnahme natürlich auch Auswirkungen. „Das sollte ausreichen“, betont Dr. Birgit Braumüller von der Deutschen Sporthochschule Köln. „Wenn man die Therapie durchmacht, die Regeln respektiert und die vom IOC definierten Schwellenwerte einhält, dann sollte das eigentlich geklärt sein.“ Ungeachtet dessen hält die Kritik jedoch an. Aber warum?
Braumüller untersucht den Werdegang von Transgender-Athletinnen und -Athleten. Speziell im Sport werden sie häufig diskriminiert. In einer europaweiten Studie bejahten 95 Prozent der Teilnehmer aus der LGTBQ-Community die Frage, ob der Sport ein Problem mit Transphobie habe. Von den Transgendern im Sport berichteten 40 Prozent von Beleidigungen, Diskriminierung, Drohungen oder gar körperlicher Gewalt innerhalb des vergangenen Jahres. Laut Braumüller führt die Fairness-Diskussion gerade im Sport in die falsche Richtung, „weil völlige Gleichheit ohnehin eine Illusion ist. Es gibt immer jemanden, der irgendwie einen körperlichen Vorteil hat, denken sie an Usain Bolt oder Michael Phelps. Also, warum ist das bei Transathleten ein solches Problem?“ Während die Sportmedizin noch nach eindeutigen Antworten sucht, liegt der soziologische Befund von Transphobie auf der Hand. Fabienne Peter (2018 spielte sie als erste Transfrau im schweizerischen Eishockey. Im Moment ist sie im Frauen-Team des EHC Basel aktiv) kennt das, ist aber selbst bisher nicht Opfer davon geworden. „Während ich gute Erfahrungen gemacht habe und mich sehr gut integriert fühle, werden andere vielleicht toleriert, aber nie wirklich akzeptiert.“ Aus Sicht von Fabienne Peter wird Laurel Hubbard in die Geschichte eingehen – egal, ob sie eine Medaille holt oder nicht. Ihre Teilnahme allein „ist ein positives Signal in ganz vielen Facetten. Es ist ein klares Zeichen von Empowerment und kann helfen, die Ängste von Transmenschen abzubauen.“ Das Problem seien weniger die Transgender im Sport, sondern vielmehr das System, das nach wie vor an hetero-normativen Strukturen festhalte und so gewisse Gruppen ausschließe. „Aber Sport ist für alle da“, unterstreicht Peter. Für den Moment hält das IOC an den bestehenden Regeln fest. Ursprünglich sollten sie vor den Spielen in Tokio überarbeitet und verschärft werden. Ende 2019 kam die Gruppe von Expertinnen und Experten jedoch zu dem Schluss, dass man sich nicht auf gemeinsame Regularien einigen könne. Eine Änderung hätte zudem bedeutet, dass die Regeln mitten in der Qualifikationsperiode für die Spiele, also während bereits laufender Wettkämpfe verändert worden wären. Das sei „weder ethisch noch juristisch zulässig“ urteilte das IOC und verschob den Prozess auf die Zeit nach Tokio. Das Komitee wird Antworten finden müssen, erst Recht, nach dem Start von Laurel Hubbard unter den Olympischen Ringen. „Ich hoffe, sie fällen Entscheidungen unter Beteiligung von Transathleten, nicht ohne sie“, sagt Peter dazu. Sollte Hubbard ihren Wettbewerb gewinnen hat Peter einen guten Rat für sie: „Du hast fair und verdient gewonnen. Du hast Dich an alle geltenden Regeln gehalten und hart dafür gearbeitet. Also, genieß‘ es!“
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©Goldi
P.S.: Vielen, lieben Dank auch an den IOC für das Video aus Tokio.