Digital ist leider nicht automatisch barrierefrei!

Liebe Inklusoren*Innen,
anbei ein persönlicher Leidensbericht:
Ich arbeite z.B. am PC mit einem Screen Reader, der oft auf hunderte Seiten Lesestoff gar nicht zugreifen kann, wenn sie nicht barrierefrei angelegt sind. Das Material muss also so mitgedacht werden, dass eine lückenlose Navigation mittels Tastenkombinationen möglich ist. Wenn Bilder keinen Alternativtext enthalten, bleiben sie für mich außerdem tote Informationen.
Von einer Journalistenschule erhielt ich die Rückmeldung, ich solle die Aufgaben, die ich nicht barrierefrei erfüllen kann, mit meinem Partner oder mit Freunden bewältigen. Das fand ich rückschrittlich, da mein Partner voll berufstätig ist und ich die Studienmodule ja selbstbestimmt absolvieren wollte. Ich versuchte höflich zu erklären, dass es für mich so sei, als würde ein sehender Mensch bei entscheidenden Studienaufgaben nur Braille-Schrift vorfinden, die er nicht lesen kann. Hin und wieder würde dann ein blinder Bekannter mal etwas daraus vorlesen. So ließe sich kein anspruchsvolles Unterrichtsmaterial mit komplexen Prüfungsaufgaben bewältigen. Bei einem anderen Fernstudium hatte ich nebenberuflich mit Barrierefreiheit sehr gute Erfahrungen gemacht und konnte es vollständig selbstbestimmt absolvieren. Sind Dokumente barrierefrei angelegt, wird eine kostspielige sehende Assistenz oft gar nicht erst nötig. Ich war erstaunt, dass es diesbezüglich so starke Qualitätsunterschiede gab. Oft fehlt ein grundlegendes Verständnis davon, dass vollblinde Menschen am PC nicht auf Maus und Monitor zugreifen können und die Hilfsmitteltechnik auf Strukturen angewiesen ist, die von den Erstellenden des Textmaterials zuvor definiert werden müssen. Das ist vorher nur eine kleine Fleißaufgabe die mitläuft, im Nachhinein jedoch ein immenser Aufwand. Es gelang mir mal besser und mal schlechter, in Eigeninitiative für mich beruflich relevanten Lesestoff und auch wichtige Weiterbildungsmaterialien in lesbaren Text umzuwandeln. Manchmal gerieten Seiten und Spalten durcheinander, Inhalte wurden chaotisch vermischt und ich musste mir viel im Kopf zusammenreimen, da mein Screen Reader wesentliche Informationen nicht aufrufen konnte. Ich finde es wichtig, dass Menschen mit Behinderung z.B. im Fernstudium die einzelnen Bildungsmodule auch nach Interessensgebiet, nicht nur nach Zugänglichkeit, auswählen können. So entschied ich mich teilweise für Module, die zwar besser lesbar, für mich aber fachlich irrelevant waren. Gerade im Journalismus ist es entscheidend, Barrierefreiheit mitzugestalten, auch in den digitalen Aus- und Weiterbildungsmaterialien. Ich freue mich immer zu erleben, wenn wir gemeinsam an mehr Teilhabe und Inklusion arbeiten können und natürlich wachse ich auch mit meinen Erkenntnissen. Hier ist für Interessierte ein inklusiver Partner für mehr digitale Barrierefreiheit: https://www.netz-barrierefrei.de/wordpress/
 
Und wie immer: Wenn euch der eine oder andere Film/Blog gefällt, besucht doch meine Blog-Seite www.inklusions-tv.de, abonniert meinen youtube.com/@inklusions-tvoder drückt mir bei Facebook https://www.facebook.com/InklusionsTV/ einen Daumen nach oben.
©Goldi
 
P.S.: Vielen, lieben Dank auch an https://www.youtube.com/@barrierefrei-universitatbi4727 oder www.uni-bielefeld.de/digitale-barrierefreiheit/ für das Video.