Die Qual der Wahl darf nicht Jeder!

Liebe Inklusoren und Inklusorinnen,

wieder Mal aus aktuellem Anlass und weil einem die Wahlwerbungen und Wahlauftritte momentan ja wieder um die Ohren fliegen. Am 24. September wählen die Deutschen den neuen Bundestag. Doch nicht alle Bundesbürger über 18 dürfen ihre Stimme abgeben. So sind mehr als 80.000 behinderte Menschen von der Wahl ausgeschlossen. Die Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Verena Bentele, fordert eine Änderung: „Für mich ist ganz wichtig, dass jeder Mensch in Deutschland das wichtigste demokratische Recht, nämlich das Recht zu wählen, auch wahrnehmen darf“, zitiert „tagesschau.de“ Bentele. Das Thema müsse Bestandteil des nächsten Koalitionsvertrags werden, denn paradoxer Weise dürfen nur in zwei Bundeländern geistig Behinderte bereits wählen, nämlich in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen (allerdings nur bei Landtagswahlen). Auf Bundesebene befolgt Deutschland somit nicht die Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention, die 2008 in Kraft getreten ist. Sie verpflichtet die Vertragsstaaten, „sicherzustellen, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wirksam und umfassend am politischen und öffentlichen Leben teilnehmen können.“ Die Hälfte der 28 EU-Staaten hält sich weitestgehend daran. Irland, Finnland und den Niederlanden kennen überhaupt keine Einschränkungen im Wahlrecht. In anderen Staaten kann es nur entzogen werden, wenn ein Richter dies individuell entscheidet.

(Nebenbei: Neben vielen geistig behinderten Menschen gibt es aber weitere Gruppen, die mit unterschiedlichen Begründungen von der Wahl ausgeschlossen werden. Eine davon sind die Auslandsdeutschen, also deutsche Staatsbürger, die dauerhaft im Ausland leben. Auch verurteilte Straftäter können, meistens aber nur selten, für zwei bis fünf Jahre aus dem Wahlregister gestrichen werden.)

Zudem ist das deutsche Wahlrecht in weiteren Punkten uneinheitlich und diskriminiert Menschen. Beispiel Demenzkranke: Wer infolge seiner Erkrankung per Gericht in allen Angelegenheiten einen Betreuer zur Seite gestellt bekommt, fällt automatisch aus dem Wählerregister heraus – wer aber im frühen Stadium seiner Erkrankung eine entsprechende Vorsorgevollmacht unterschreibt, bleibt drin. Das kann dazu führen, dass zwei Menschen mit vergleichbarer geistiger Einschränkung vom Wahlrecht unterschiedlich behandelt werden. Darf, sollte so etwas sein im angeblich inklusiven Deutschland?

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©Goldi