Nach der Pandemie ist vor der Pandemie!

Liebe Inklusoren*innen,

die Schulen dürfen nach der Pandemie nicht einfach zum schlechten Normal zurückkehren, oder? Was denkt ihr? Wäre die Pandemie ein Stresstest für das deutsche Bildungssystem – das Ergebnis lautete: Systemzusammenbruch ausgeblieben, Stressbarometer weit im roten Bereich. Die Schulschließungen während der Pandemie haben die Ungleichheit im Bildungssystem noch verschärft. Ohne eigenes Zimmer, ohne Eltern, die helfen können, und ohne angemessene technische Ausstattung ist Distanzunterricht noch schwieriger. Und auch nach einem Jahr bleibt die notwendige Infrastruktur vielerorts noch hinter den (niedrigen) Erwartungen zurück. In der Pandemie wurde deutlich, welch unglaublicher Druck und Stress auf Kindern und Familien lastet – besonders, wenn Eltern in „systemrelevanten“ Bereichen arbeiten, alleinerziehend sind und Kinder in kleinen Wohnungen aufwachsen. Nach 15 Monaten Pandemie leiden viele Kinder und Jugendliche unter Depressionen, Ängsten und Dauerstress. Das Versagen der Bildungspolitik in der Pandemie ist kein Zufall, und es ist zu befürchten, dass die Schulen nach der Pandemie einfach zum schlechten Normalzustand zurückkehren, der geprägt ist von Lehrkräftemangel, sozialer Ungerechtigkeit, fehlender Ausstattung und baulichen Mängeln.

Vielleicht noch ein paar Zahlen dazu:

  • Im gesamten Bildungssystem gibt es einen Investitionsstau von über 80 Milliarden Euro.
  • Die Schulen brauchen 100.000 zusätzliche Stellen für Lehrerinnen und Lehrer sowie Sozialarbeiterinnen. In den letzten 20 Jahren wurden aber regelmäßig weniger Lehrende ausgebildet als nötig.
  • Kinder aus Arbeiterfamilien oder mit Migrationsgeschichte werden im deutschen Schulsystem systematisch benachteiligt.
  • Ein funktionierendes Förderprogramm für Kinder würde nicht bloß vier Nachhilfestunden pro Kind ‚spendieren‘ wie das „Nachholprogramm“ der Bundesregierung.
  • Das Recht auf Inklusion für Kinder mit Behinderungen muss endlich garantiert werden – durch das notwendige Personal und Ausstattung.

Stellen wir uns vor, wie Schule anders sein könnte. Mit mehr Zeit zum Lernen, ohne die Angst vorm Scheitern. Lesen und Sprachen lernen, Kinder für Naturwissenschaften begeistern – all das braucht Freiräume zum Entdecken und Experimentieren, kleine Klassen, geduldige Lehrerinnen und Lehrer und Zeit für gezielte Förderung. Eine Schule ohne frühen Notendruck, die private Nachhilfe durch ein hochwertiges Nachmittagsangebot überflüssig macht und Hausaufgaben nicht in die Familien delegiert, was mit alltäglichem Stress für Familien verbunden ist. Jetzt braucht es den Mut für schnelle Schritte in die richtige Richtung: Ein Sofortprogramm für mehr Lehrerinnen und Lehrer, Sozialarbeiterinnen und Schulpsychologen, besonders in den Stadtteilen, die von der Politik über Jahre vergessen wurden. Oder was sollte eurer Meinung nach passieren?

Und wie immer: Wenn euch der eine oder andere Film/Blog gefällt, besucht doch meine Blog-Seite www.inklusions-tv.de, abonniert meinen https://www.youtube.com/channel/UCVapH5loz324wNM2PAjLJ4g oder drückt mir bei Facebook https://www.facebook.com/InklusionsTV/ einen Daumen nach oben.

©Goldi

P.S.: Vielen, lieben Dank an den NDR und die Redaktion Panorama https://www.youtube.com/user/ARD für das Video.